Köln. Bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen unter Verweis auf den Sachgrund der Vertretung ist erhöhte Vorsicht geboten. Der Europäische Gerichtshof könnte der weit verbreiteten Praxis, mit einer Vertretungskraft hintereinander mehrere befristete Arbeitsverträge zum Zwecke der Vertretung unterschiedlicher Personen abzuschließen, den Boden entziehen oder ihr jedenfalls engere Grenzen setzen.
Arbeitgeber sollten deshalb bei dem Abschluss oder der Verlängerung solcher Verträge prüfen, ob sie das Risiko in Kauf nehmen wollen, dass die Befristung unwirksam ist und ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande kommt.
Großzügiges Bundesarbeitsgericht
Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat die Beschäftigung von „Dauervertretungen" mit einer Vielzahl aufeinanderfolgender und sich oft sogar überlappenden befristeten Arbeitsverhältnissen ermöglicht, weil es bisher stets nur die Wirksamkeit der letzten Befristungsvereinbarung prüft. Ist die letzte Befristung durch den Sachgrund des Vertretungsbedarfs gerechtfertigt, ist es nach der bisherigen Rechtsprechung unerheblich, wie viele befristete Arbeitsverträge dem letzten Vertrag vorangegangen sind und wie lange der Arbeitnehmer bereits mit befristeten Arbeitsverträgen bei dem selben Arbeitgeber beschäftigt war. Gerade in Betrieben und Behörden mit vielen weiblichen Beschäftigten sind so „Befristungsketten" während der Mutterschutz- und Elternzeiten diverser Beschäftigter entstanden.
Rebellion der Instanzgerichte
In letzter Zeit versuchen Arbeits- und Landesarbeitsgerichte mit Erfolg, das Bundesarbeitsgericht auf dem Weg über die Vorlage einer Rechtsfrage an den Europäischen Gerichtshof zu einer Änderung seiner ständigen Rechtsprechung zu zwingen. Nachdem eine Kammer des Landesarbeitsgericht Düsseldorf so die Aufgabe der Rechtsprechung zum Verfall des Urlaubsanspruchs im Falle der lang anhaltenden Krankheit erreicht hat, legte die siebte Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln dem Europäischen Gerichtshof durch Beschluss vom 13.4.2010 unter anderem die Frage vor, ob die Zulassung solcher Befristungsketten mit dem europäischen Recht vereinbar ist (Az. 7 Sa 1224/09). Hintergrund für diese Frage ist die Richtlinie 1979/70/EG zu befristeten Arbeitsverträgen. Das europäische Recht sieht das unbefristete Arbeitsverhältnis als Normalfall und das befristete Arbeitsverhältnis als rechtfertigungsbedürftige Ausnahme an. Setzt der Europäische Gerichtshof der Kettenvertretungsbefristung engere Grenzen, sollten Arbeitgeber nicht auf eine Übergangsfrist hoffen.