In Zeiten der Covid-19-Pandemie begegnet auch die Durchführung der betrieblichen Mitbestimmung einigen praktischen Hürden. Während auf der Arbeitgeberseite virtuelle Medien für die Durchführung von Gremiensitzungen längst üblich sind, wurde die digitale Betriebsratsarbeit bislang besonders kritisch beurteilt und nur in wenigen Ausnahmefällen als zulässig angesehen. Insbesondere wurde befürchtet, dass virtuell gefasste Beschlüsse formfehlerhaft seien. Die Notwendigkeit einer Alternative zur Betriebsratssitzung vor Ort ist derzeit jedoch gegenwärtiger denn je. Auch der Gesetzgeber hat das erkannt und nunmehr Abhilfe geschaffen, sodass nunmehr – unter bestimmten Voraussetzungen – die Betriebsratssitzung auch per Video- oder Telefonkonferenz nach § 129 BetrVG zulässig ist.
Bislang hatte das Bundesarbeitsgericht nicht abschließend Stellung dazu bezogen, ob die Betriebsratssitzung anstelle in Form der körperlichen Anwesenheit vor Ort auch alternativ im Wege der Video- oder Telefonkonferenz stattfinden kann. Letzteres wurde weitestgehend in der wissenschaftlichen Literatur abgelehnt, da weder von einer „Anwesenheit“ der Gremiumsmitglieder noch von der Wahrung der Nichtöffentlichkeit ausgegangen werde könne. Kurzgefasst: Die Video- und Telefonkonferenz wurden sowohl mit Blick auf § 33 Abs. 1 S. 1 BetrVG („anwesende Mitglieder“) als auch § 30 S. 4 BetrVG (Gebot der Nichtöffentlichkeit) als unzulässig erachtet. In der Pandemie führte dieses Ergebnis bislang zu dem problematischen Ergebnis, dass Betriebsräte, die etwa aufgrund einer Zugehörigkeit zur Risikogruppe nicht persönlich im Betrieb anwesend sein können, von der Wahrnehmung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten in Teilen ausgeschlossen werden. Das kann nicht richtig sein. Der Gesetzgeber hat reagiert und nunmehr in § 129 Abs. 1 S. 1 BetrVG statuiert, dass die Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats, Gesamtbetriebsrats, Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie die Beschlussfassung im Wege der Video- und Telefonkonferenz erfolgen kann, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Eine Aufzeichnung ist dabei unzulässig. Auch muss die Anwesenheit der Teilnehmer gegenüber dem Vorsitzenden in Textform bestätigt werden.
Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass der Gesetzgeber mutig vorangeschritten ist und das Notwendige getan hat, um die betriebliche Mitbestimmung auch in Zeiten der Pandemie sicherzustellen. Jedenfalls für die Digitalisierung der Betriebsratsarbeit fungiert die Krise damit als Schrittmacher des Fortschritts.