Erfurt. Die Zeiten sind schlecht. Aufgrund der allgemeinen Wirtschaftskrise stehen viele Unternehmen unter einem enormen wirtschaftlichen Druck. Damit spielen für die Liquidität der Unternehmen die Lohnkosten eine erhebliche Rolle. Bereits in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Löhne in vielen Bereichen rückläufig sind. In der derzeitigen Krise ist zu befürchten, dass der Druck auf die Lohnkosten weiter steigt. Vor diesem Hintergrund sind in den letzten Jahren verschiedene Entscheidungen zu dem Problem der Sittenwidrigkeit der Lohnhöhe ergangen.
Bisher hat das Bundesarbeitsgericht den Arbeitsvertragsparteien keine feste Grenze zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit von Löhnen an die Hand gegeben. In der Instanzrechtsprechung und der Literatur hatte sich in den letzten Jahren bereits die Auffassung gebildet, dass die Grenze des Lohnwuchers überschritten wird, wenn die gezahlte Stundenvergütung weniger als 2/3 der tariflichen Stundenvergütung beträgt. Dies hat das Bundesarbeitsgericht nun in einem aktuellen Urteil vom 22.04.2009 bestätigt.
In dem Fall ging es um eine Arbeitnehmerin, die seit 1992 in einem Gartenbaubetrieb in Hamburg als ungelernte Hilfskraft beschäftigt war. Sie erhielt einen Stundenlohn von zunächst 6,00 DM netto, ab Januar 2002 von 3,25 € netto. Zusätzlich erhielt sie Sachleistungen, insbesondere eine Wohngelegenheit auf dem Betriebsgelände.
Während noch das Landesarbeitsgericht von keiner Sittenwidrigkeit dieser Vereinbarung ausging, bejahte das Bundesarbeitsgericht den Lohnwucher auch unter Berücksichtigung der Sachleistungen und verwies den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurück, um insbesondere noch die Üblichkeit des Lohns in Gartenbaubetrieben der Region zu klären. Dabei stellt das Bundesarbeitsgericht allerdings fest, dass die Grenze zur Sittenwidrigkeit der Arbeitsvergütung dann erreicht ist, wenn 2/3 eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahltenTariflohnes nicht erreicht werden.
Maßgebend ist der Vergleich mit der tariflichen Stunden- oder Monatsvergütung ohne Zulagen und Zuschläge, wobei auch die besonderen Umstände des Falles zu berücksichtigen sind. Eine bei Abschluss des Arbeitsvertrages danach nicht zu beanstandende Vergütung kann durch die Entwicklung des Tariflohns wucherisch werden.
Die Entscheidung: BAG, Urteil vom 22.04.2009 - 5 AZR 436/08
(liegt bisher nur als Pressemitteilung vor)