Die damals 83jährige Bewohnerin eines Pflegeheims erlitt während des Toilettengangs in der Nasszelle ihres Zimmers eine Oberschenkelfraktur. Sie benötigte aufgrund ihrer Erkrankungen Hilfe beim Stehen und Gehen. Die gesetzliche Krankenkasse der Heimbewohnerin klagte beim Pflegeheim und dessen Mitarbeitern ca. 7000 € Behandlungskosten ein, die infolge des Sturzes entstanden waren. Sie vertrat die Auffassung, dass mindestens zwei Pflegekräfte hätten die Bewohnerin begleiten müssen.
Das Oberlandesgericht Bamberg führt diesbezüglich unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aus, dass die Pflicht eines Pflegeheims zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der ihm anvertrauten Bewohner auf die üblichen Maßnahmen begrenzt ist, die mit vernünftigem finanziellen und personellen Aufwand realisierbar ist. Maßstab müssen das Erforderliche und das für die Heimbewohner und das Pflegepersonal Zumutbare sein. Dabei seien insbesondere die Würde, die Interessen und die Bedürfnisse der Bewohner zu berücksichtigen. Deren Selbständigkeit und Selbstverantwortung sei zu wahren und zu fördern.
Im konkreten Fall hatte das Pflegeheim nach der Auffassung des Oberlandesgerichts Bamberg keine Veranlassung, zwei Pflegekräfte einzusetzen. Die Bewohnerin war die letzten zehn Jahre vor dem Unfall nicht mehr gestürzt. Ein Gutachten des MDK sah nur die Notwendigkeit der Begleitung durch eine Pflegekraft vor. Erst ein späteres Gutachten, das nach dem Unfall erstellt wurde, sah die Begleitung durch zwei Pflegekräfte als notwendig an. Danach musste sich dem Pflegeheim nicht die Verpflichtung aufdrängen, eine zweite Pflegekraft einzusetzen.
Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts kamen der Bewohnerin auch keine Beweiserleichterungen zugute. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Beweislastumkehr bei einem Sturz im Krankenhaus könne nicht angewendet werden. Der Bundesgerichtshof sieht das Krankenhaus in der Beweispflicht, wenn ein Patient im Krankenhaus bei einer Bewegungs- und Transportmaßnahme der ihn betreuenden Krankenschwester aus ungeklärten Gründen das Übergewicht bekomme und stürze. In einem solchen Fall muss das Krankenhaus nachweisen, dass der Vorfall nicht auf einem pflichtwidrigen Verhalten der Krankenschwester beruhe. Eine vergleichbare Situation liegt nach der Ansicht des Oberlandesgerichts Bamberg im Falle der betroffenen Bewohnerin des Pflegeheims nicht vor, da sich der Sturz im normalen, alltäglichen Gefahrenbereich der Bewohnerin ereignete, der ihrer eigenen Risikosphäre zuzuordnen sei. Diese Auffassung zur fehlenden Beweislastumkehr überzeugt nicht, da sich letztendlich auch die Bewohnerin in der Obhut der Pflegekraft befand. In einer ähnlichen Situation hat das Oberlandesgericht Dresden (NJW-RR 2000, 761) auch Beweiserleichterungen anerkannt.
Die Entscheidung: Oberlandesgericht Bamberg, Beschluss vom 01.02.2010 - 6 U 54/09