Das Landesarbeitsgerichts Köln hatte sich am 06.06.2025 direkt mit mehreren Beschlussverfahren zu beschäftigen, die die Frage zum Inhalt hatten, wie Gruppenleiter in Werkstätten für behinderte Menschen nach dem TVöD-B (VKA) einzugruppieren sind.
Das Landesarbeitsgericht Köln hat in allen Verfahren entschieden, dass die Entgeltgruppe S7 die zutreffende Entgeltgruppe ist, selbst wenn die Gruppenleiter über eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger oder Erzieher verfügen (beispielhaft Beschluss des LAG Köln vom 06.06.2025, 9 TaBV 87/24). Das betroffene Unternehmen hatte den Betriebsrat zur Einstellung und Eingruppierung angehört. Der Betriebsrat hatte der Einstellung zugestimmt, der Eingruppierung in die Entgeltgruppe S7 allerdings widersprochen. Daraufhin beantragte das Unternehmen beim Arbeitsgericht Köln die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung. Das Arbeitsgericht lehnte den Zustimmungsersetzungsantrag ab. Auf die vom Unternehmen eingelegte Beschwerde gab das Landesarbeitsgericht Köln der Auffassung des Unternehmens recht.
Im Zentrum des Rechtsstreits vor dem Bundesarbeitsgericht (Urteil v. 12.02.2025 – 5 AZR 127/24) stand die Frage, ob ein Arbeitnehmer, der während der Kündigungsfrist unwiderruflich freigestellt wurde, seine Vergütung für den letzten Monat der Beschäftigung auch dann beanspruchen kann, wenn er sich nicht aktiv um eine neue Stelle bemüht hat.
1) Sachverhalt
Der Kläger war seit 2019 bei der Beklagten als Senior Consultant beschäftigt. Im März 2023 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30. Juni 2023. Gleichzeitig stellte sie den Kläger unwiderruflich von der Arbeitsleistung frei – unter Fortzahlung der Vergütung, jedoch unter Anrechnung etwaiger anderweitiger Einkünfte.
Der Kläger meldete sich im April 2023 bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend. Vermittlungsvorschläge seitens der Agentur erhielt er jedoch erst Anfang Juli. Die Beklagte übersandte ihm im Mai und Juni insgesamt 43 Stellenangebote. Der Kläger bewarb sich erst Ende Juni auf sieben dieser Vorschläge. Für den Monat Juni 2023 verweigerte die Beklagte schließlich die Gehaltszahlung mit der Begründung, der Kläger habe es böswillig unterlassen, sich rechtzeitig auf durch die Beklagte übermittelte Stellenangebote zu bewerben.
Das Landesarbeitsgericht Köln hatte sich in seiner Entscheidung vom 06.02.2025, 6 SLa 328/24 mit der Frage zu beschäftigen, ob Verzugszinsen nach einer fehlerhaften Eingruppierung zu zahlen sind. Es ging immerhin um einen Betrag von 6.199 €. Die Parteien hatten um die Eingruppierung einer Justizbeschäftigten bei der Staatsanwaltschaft Köln gestritten. Streitig war, ob es sich bei der Tätigkeit der Justizbeschäftigten um einen einheitlichen Arbeitsvorgang handelte oder nicht. Bei einem einheitlichen Arbeitsvorgang war die höhere Entgeltgruppe einschlägig. Es wurde zugunsten der Justizbeschäftigten gerichtlich entschieden. Das Land NRW zahlte sodann die Hauptforderung, aber nicht die Zinsen.
Das LAG Köln (Urteil v. 21.01.2025 – 7 SLa 204/24) musste sich in zweiter Instanz mit der Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen und fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers beschäftigen, der, während er krankheitsbedingt und unter Vorweis einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsentscheidung seiner Arbeit fernblieb, mehrfach Karnevalsveranstaltungen aufsuchte und dies auf sozialen Medien teilte.
Der Kläger, der Arbeitnehmer eines Logistikunternehmens ist und dort über viele Jahre körperlich arbeitete, bekleidete zum gegenständlichen Zeitpunkt eine Stelle, in der an drei Tagen Bürotätigkeiten anfielen, die im Homeoffice erledigt wurden und an zwei Tagen körperliche Arbeiten.
Gegenständlich für den Beendigungswunsch des Beklagten sind zwei Situationen, in denen sich der Kläger jeweils für wenige Tage krankmeldete und entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlegte und in beiden Fällen während der Laufzeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an Karnevalsveranstaltungen teilnahm und Bilder dazu auf sozialen Medien teilte. Einmal wurde eine Veranstaltung am letzten Abend des Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit besucht und einmal drei Tage vor Ende.
Nach Kenntnisnahme der Betriebsleitung des Beklagten wurde der Kläger angehört, äußerte sich jedoch nicht. Sodann wurde eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Tatkündigung ausgesprochen und sodann zusätzlich eine ordentliche Verdachtskündigung vorsorglich ausgesprochen.
Der Kläger, der sich gegen sämtliche ausgesprochene Kündigungen wendet, erklärte, er habe jeweils unter Atemwegsinfekten gelitten, die bei Besuch der Karnevalsveranstaltungen jeweils schon wieder abgeklungen seien. Tatsächlich fanden die Veranstaltungsbesuche jeweils zum Ende des Arbeitsunfähigkeitszeitraums statt. Der Kläger habe sich auf den Veranstaltungen jeweils zurückhaltend und vorsichtig verhalten und habe die Veranstaltungen jeweils wieder früher verlassen.
Im Jahr 2024 sind mehrere relevante Urteile sowohl des Bundesarbeitsgerichts als auch verschiedener Landesarbeitsgerichte ergangen, die sich mit der Frage beschäftigen, in welchen Fällen der Beweiswert einer von einem Arbeitnehmer vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert sein kann.
Weitläufig herrscht sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Arbeitnehmern oftmals die Auffassung vor, dass eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nahezu immer das Vorliegen einer zur Erbringung der Arbeitskraft unfähig machenden Erkrankung zweifelsfrei beweist und dass es arbeitgeberseitig kaum Chancen gäbe, diesen Beweis zu widerlegen.
Die aktuelle Rechtsprechung zeigt auf, dass es eine Reihe von Fallgruppen gibt, in denen die Beweiskraft der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingeschränkt ist oder der Beweis durch qualifizierten Vortrag in einem gerichtlichen Verfahren sogar in Gänze erschüttert werden kann.
Dem Arbeitnehmer obliegt bei Geltendmachung eines Entgeltfortzahlungsanspruchs die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Im Regelfall wird er dieser durch das Vorlegen einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gerecht. Es werden durch die Instanzgerichte und das Bundesarbeitsgericht in letzter Zeit jedoch immer wieder (neue) Fallgruppen herausgearbeitet, in denen diese hohe Beweiskraft der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht gegeben ist.
In einem Grundsatzurteil stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert sein kann, wenn sie unmittelbar nach einer Kündigung vorgelegt wird und passgenau bis zum Ende der Kündigungsfrist greift (BAG, Urteil v. 13.12.2023 – 5 AZR 137/23, NZA 2024, 539). Wenn der Arbeitgeber in diesen Fällen die Beweiskraft der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzweifelt, muss der Arbeitnehmer unabhängig von der Bescheinigung seine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit darlegen, in dem er die Diagnosen offenlegt und darlegt, inwiefern das vorhandene Krankheitsbild und seine Symptomatik für eine Arbeitsunfähigkeit sorgen.
Der nächste online Arbeitsrecht-Booster mit Dr. Hans-Eduard Hille am Montag, den 06.11.2023, 10.00 bis 11:30 Uhr startet mit einem Impulsvortrag zum Thema „Arbeitsverhältnisse in Zeiten von wegfallenden oder gekürzten Zuschüssen – ‚Projektbefristung‘ als Problemlösung?“.
Im Zeichen der Schuldenbremse befinden sich die Zuschüsse für freiwillige soziale und kulturelle Maßnahmen aus öffentlichen Mitteln auf Talfahrt. Bewilligungen laufen aus, Verlängerungen und öffentliche Zuschüsse für neue Projekte sind schwieriger zu bekommen. Für die Träger wird in diesen unsicheren Zeiten die Befristung von Arbeitsverhältnissen wieder wichtiger. ‚Projektbefristung‘ erscheint vielen als geeignete Lösung. In diesem Arbeitsrecht-Booster erfahren Sie, wann eine ‚Projektbefristung‘ wirksam ist und welche Fehler Sie vermeiden sollten.
Themenfelder
Sie haben Gelegenheit, sich mit den anderen Teilnehmer*innen auszutauschen. In der sich an den Vortrag anschließenden Sprechstunde können Sie Fragen zum Vortrag und zu anderen Arbeitsrecht-Themen stellen. Frischen Sie Ihre Kenntnisse auf und klären Sie mit dem Referenten Fragen, die Sie aktuell beschäftigen. Sie können Ihre Fragen auch gerne vorab mailen.
Online-Seminare werden mit Zoom durchgeführt. Hierzu ist eine stabile Internetverbindung mit Bild- und Tonübertragung erforderlich. Um eine Kommunikation wie bei einer Präsenzveranstaltung zu ermöglichen, benötigen Sie eine Kamera, die während des Seminars eingeschaltet bleibt.
Hier können Sie sich für den Arbeitsrecht-Booster am 6. November 2023 noch anmelden.
Der letzte Arbeitsrecht-Booster in diesem Jahr findet am Montag, den 04.12.2023, 10:00 - 11:30 Uhr statt.
Hier können Sie sich für den Arbeitsrecht-Booster am 4. Dezember 2023 noch anmelden.
Der nächste online Arbeitsrecht-Booster mit Dr. Hans-Eduard Hille am Montag, den 06.03.2023, 10.00 bis 11:30 Uhr startet mit einem Impulsvortrag zum Thema „Geringfügige Beschäftigung – Stolpersteine und Gestaltungsspielräume für gemeinnützige Arbeitgeber“.
Themenfelder
Sie haben Gelegenheit, sich mit den anderen Teilnehmer*innen auszutauschen. In der sich anschließenden Sprechstunde können Sie Fragen zum Vortrag und zu anderen Arbeitsrecht-Themen stellen. Frischen Sie Ihre Kenntnisse auf und klären Sie mit dem Referenten Fragen, die Sie aktuell beschäftigen. Sie können Ihre Fragen auch gerne vorab mailen.
Online-Seminare werden mit Zoom durchgeführt. Hierzu ist eine stabile Internetverbindung mit Bild- und Tonübertragung erforderlich. Um eine Kommunikation wie bei einer Präsenzveranstaltung zu ermöglichen, benötigen Sie eine Kamera, die während des Seminars eingeschaltet bleibt.
Hier können Sie sich für den Arbeitsrecht-Booster am 06.03.2023 noch anmelden.
Die nächsten Arbeitsrecht-Booster jeweils am ersten Montag im Monat, der auf einen Werktag fällt:
Arbeitsrecht-Booster, 03.04., 08.05., 05.06., 03.07., 07.08., 04.09., 09.10., 06.11. und 04.12.2023.
jeweils 10:00 – 11:30.
Hier können Sie sich für die weiteren Seminare anmelden.
Die Entgeltfortzahlungskosten steigen in Deutschland so rasant wie nie zuvor. Nach den Erhebungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft stiegen sie im Zeitraum von 2010 bis 2018 von 37 Milliarden auf 62 Milliarden €. 2020 betrugen sie dann bereits 74,3 Milliarden €. Bis 2025 werden sie voraussichtlich auf 84 Milliarden € steigen. Die Entgeltfortzahlungskosten belasten damit in einem erheblichen und steigenden Umfang die Personalkosten in Unternehmen. Auch wenn sie natürlich nicht zu vermeiden sind, kann deren Höhe eingegrenzt werden, wenn die arbeitsrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Dazu reicht die allgemeine ausgeübte Praxis, Erkundigungen bei den Krankenkassen einzuholen nicht aus, zumal die Krankenkassen ein Eigeninteresse haben, Krankengeldzahlungen zu vermeiden. In diesem Seminar referieren wir die Rechtslage und zeigen Möglichkeiten auf, Entgeltfortzahlungskosten einzudämmen.
Seminarbeschreibung „Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall“66.72 kB
Anmeldeformular18.11 kB
Der „gelbe Schein“ hat ausgedient. Seit dem 01.01.2023 müssen Arbeitgeber Daten zur Arbeitsunfähigkeit von Beschäftigten auf elektronischem Wege bei den Krankenkassen abfragen (eAU-Abruf). Beschäftigte müssen nach der neuen gesetzlichen Regelung ihre Arbeitsunfähigkeit nur noch gegenüber dem Arbeitgeber anzeigen und diese (ggf.) ärztlich feststellen lassen; einen Nachweis erbringen sie selbst aber nicht mehr. Diesen holen die Arbeitgeber vielmehr bei der zuständigen Krankenkasse individuell für den jeweiligen Arbeitnehmer ein. Ziel der Gesetzesänderung ist eine Reduzierung des bürokratischen Aufwands für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Letztere müssen jetzt die Abläufe in ihrer Personalpraxis schnellstmöglich anpassen. Auch altbewährte Arbeitsvertragsregelungen zur Anzeige- und Nachweispflicht im Erkrankungsfall sind auf den Prüfstand zu stellen und möglicherweise zu ändern. Wie funktioniert das eAU-Verfahren? Welche Änderungen ergeben sich bei der Entgeltfortzahlung? Wie sollten Arbeitgeber bei technischen Störfällen agieren? Alle Antworten hierzu erhalten Sie in unserem Online-Seminar „Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)“ am 31.01.2023.
Nähere Informationen können Sie der beigefügten Seminarbeschreibung entnehmen.
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Yannik Beden, M.A.
Rechtsanwalt
Seminarbeschreibung „Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung“70.2 kB
Anmeldeformular „Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung“17.63 kB
Der Dauerbrenner geht in die nächste Runde: Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidungsgründe zu seinem Beschluss vom 13.09.2022, mit dem die gesetzliche Pflicht der Arbeitgeber zur Erfassung der Arbeitszeit festgestellt wurde, nunmehr veröffentlicht. Die mit Spannung erwarteten Ausführungen bringen noch einmal Licht ins Dunkel. Das Gericht hat die Reichweite der Zeiterfassungspflicht klar abgesteckt und zusätzlich skizziert, welche Personen von der Verpflichtung ausgenommen sind. Neben Ausführungen zu Modalitäten in der praktischen Umsetzung finden sich nunmehr auch klarstellende Erläuterungen zur Rolle des Betriebsrats, der bei der Frage des „Wie“ der Zeiterfassung mitzubestimmen hat. Was müssen Arbeitgeber jetzt beachten, um Fehltritte zu vermeiden und sowohl Arbeitnehmer- als auch Betriebsratsrechte zu wahren?
In unserem Online-Seminar „Update zur Arbeitszeiterfassung“ am 17.01.2023 präsentieren wir Ihnen die Kernaussagen der gerichtlichen Entscheidung und geben praktische Hinweise für die rechtskonforme Umsetzung der neuen Vorgaben.
Wichtig: Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die bereits in unserem Online-Seminar „Arbeitszeiterfassung ist Pflicht für alle Arbeitgeber“ am 05.10.2022 teilgenommen haben, erhalten einen Rabatt auf die Teilnahmegebühr. Nähere Informationen können Sie der beigefügten Seminarbeschreibung entnehmen.
Weitere Informationen entnehmen Sie bitte der Seminarbeschreibung.
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Yannik Beden, M.A.
Rechtsanwalt
Seminarbeschreibung „Update zur Arbeitszeiterfassung“331.53 kB
Anmeldung „Update zur Arbeitszeiterfassung“380.44 kB