Köln/Gelsenkirchen. Eigentlich sollte die Rechtslage nach den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.04.2010 - 6 C 6.09 und 6 C 7.09 - klar sein. Wie wir bereits in unserer Ausgabe 2/2010 des Non-Profit-Service berichteten, hat das Bundesverwaltungsgericht in zwei Urteilen vom 28.04.2010 entschieden, dass auch Autoradios Rundfunkempfangsgeräte "in Einrichtungen" sind und daher von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien sind, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen.
Autoradios in Einrichtungen der Jugendhilfe
Diese Rechtsprechung soll allerdings nach Ansicht verschiedener Rundfunkanstalten nur für Einrichtungen der Behindertenhilfe, jedoch nicht für Autoradios, die in Einrichtungen der Jugendhilfe im Sinne des Kinder- und Jugendhilfegesetzes ausschließlich für deren Beförderung bereitgehalten werden, gelten. Jedenfalls wird die Befreiung von Autoradios der Jugendhilfe weiterhin abgelehnt. In den ablehnenden Bescheiden heißt es lapidar: Das ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bezieht sich nur auf die Rundfunkgebührenpflicht für Radiogeräte in Kraftfahrzeugen, die in Einrichtungen für behinderte Menschen gemäß § 5 Abs. 7 Nr. 2 Rundfunkgebührenstaatsvertrag bereitgehalten werden.." Wieso dies so ist, lässt die zuständige Rundfunkanstalt offen. Dies obwohl nach § 5 Abs. 7 Satz 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages auf Antrag Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht für Rundfunkempfangsgeräte gewährt wird, die in folgenden Betrieben oder Einrichtungen für den jeweils betreuten Personenkreis ohne besonderes Entgelt bereitgehalten werden:
- In Krankenhäusern, Krankenanstalten, Heilstätten sowie in Erholungsheimen für Kriegsbeschädigte und Hinterbliebene, in Gutachterstationen, die stationäre Beobachtungen durchführen, in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation sowie in Müttergenesungsheimen;
- in Einrichtungen für behinderte Menschen, insbesondere in Heimen, in Ausbildungsstätten und in Werkstätten für behinderte Menschen;
- in Einrichtungen der Jugendhilfe im Sinne des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (8. Buch des Sozialgesetzbuches);
- in Einrichtungen für Suchtkranke, der Altenhilfe, für Nichtsesshafte und in Durchwandererheimen."
Autoradios in Einrichtungen der Altenhilfe
Auf diese Argumentation hat sich auch die beklagte Rundfunkanstalt in einem nunmehr vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschiedenen Verfahren berufen. Hier ging es weder um Autoradios in Einrichtungen für behinderte Menschen, noch um Autoradios in Einrichtungen der Jugendhilfe; vielmehr ging es hier um ein Autoradio in einer Einrichtung der Altenhilfe.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen konnte der Argumentation der beklagten Behörde ebenfalls nicht folgen. Dass nicht nur Autoradios in Fahrzeugen für den Transport behinderter Menschen von der Rundfunkgebührenpflicht befreit werden sollen, sondern auch Autoradios in den übrigen in § 5 Abs. 7 Satz 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag genannten Einrichtungen, folge aus Sinn und Zweck der Befreiungsregelung. Der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht im weiteren Kontext nachdrücklich auf die Belange Behinderter abhebt, ist den konkret entschiedenen Fallgestaltungen geschuldet. Hieraus kann nicht abgeleitet werden, Autoradios von Einrichtungen der Altenhilfe, in denen Senioren ebenfalls stationär untergebracht bzw. betreut werden, wie es im Fall des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen unstreitig der Fall war, seien nicht von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien. Autoradios sind somit von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien, wenn sie in den in § 5 Abs. 7 Satz 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages aufgeführten Betrieben oder Einrichtungen für den jeweils betreuten Personenkreis ohne besonderes Entgelt bereitgehalten werden.
Oberverwaltungsgericht NW
Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen zwischenzeitlich bestätigt und die Berufung der beklagten Behörde zurückgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Den betroffenen im Rundfunkgebührenstaatsvertrag im Einzelnen aufgelisteten Einrichtungen kann daher nur empfohlen werden entsprechende Anträge auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht zu stellen, wenn sie in ihren Einrichtungen Autoradios für den von ihnen betreuten Personenkreis ohne besonderes Entgelt bereithalten.
Die Entscheidungen:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 28.09.2010, Aktenzeichen 14 K 3835/06; Oberverwaltungsgericht NW, Urteil vom 15.06.2011, Aktenzeichen 8 A 2570/10