„Nur wer Arbeit leisten muss, erhält auch Erholungsurlaub.“ So könnte man die brandaktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Urlaubsanspruch für Zeiten, in denen sich Arbeitnehmer in vollständiger Kurzarbeit befinden, zusammenfassen. Das Gericht hat damit die Rechtsprechung der Vorinstanz zur Urlaubsberechnung bei kurzarbeitsbedingten Arbeitsausfällen bestätigt. Sofern Arbeitgeber und Arbeitnehmer nichts Anderweitiges vereinbart haben, gilt dieser Grundsatz über den gesetzlichen Erholungsurlaub hinaus auch für vertraglich gewährten Mehrurlaub.
Der Entscheidung des Neunten Senats lag ein Arbeitsverhältnis einer Verkaufshelferin mit Backtätigkeiten zugrunde, die im Rahmen einer Dreitagewoche einen Urlaubsanspruch von insgesamt 14 Arbeitstagen hatte. Im Zuge der COVID-19-Pandemie führte die Arbeitgeberin Kurzarbeit ein. Die klagende Arbeitnehmerin befand sich in mehreren Monaten im Jahr 2020 in Kurzarbeit „Null“, sodass ihre Arbeitspflicht in diesen Zeiten vollständig aufgehoben war. Aus Anlass der kurzarbeitsbedingten Arbeitsausfälle nahm die beklagte Arbeitgeberin eine Neuberechnung des Urlaubs vor, bei dem sie für die Zeiten der Kurzarbeit „Null“ eine anteilige Kürzung des Gesamturlaubsanspruchs vornahm. Hiergegen wandte sich die Arbeitnehmerin mit ihrer Klage.
Das BAG (Urteil v. 30.11.2021 – 9 AZR 225/21) bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und urteilte, dass ein vollständiger Ausfall der Arbeitsleistung wegen angeordneter Kurzarbeit bei der Berechnung des Jahresurlaubs zu berücksichtigen ist. Für den Zeitraum der Kurzarbeit „Null“ erwirbt die Arbeitnehmerin also keinen Anspruch auf den gesetzlichen Erholungsurlaub und – soweit nicht anders vereinbart – auch keinen Anspruch auf vertraglichen Mehrurlaub. Maßgeblich für die Ermittlung des Jahresurlaubsanspruchs ist die vom BAG verwendete Formel: 24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage. Der Neunte Senat des Gerichts hob hervor, dass wegen vereinbarter Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht den Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen sind. Damit behandelt das BAG die Kurzarbeit „Null“ im Ergebnis so wie die Zeiten des unbezahlten Sonderurlaubs (BAG Urteil v. 19.03.2019 – 9 AZR 406/17) sowie die Freistellungsphase im Altersteilzeit-Blockmodell (BAG Urteil v. 24.09.2019 – 9 AZR 481/18). Arbeitgeber sollten diese Vorgaben für Zeiten der Kurzarbeit bei der Berechnung der Urlaubsansprüche der betroffenen Arbeitnehmer im Blick behalten.