Die Corona-Verordnungen überschlagen sich derzeit. Fast keine Woche vergeht, in der nicht neue Verordnungen erlassen werden. Sowohl für Arbeitgeber als auch für Beschäftigte ist die Lage mehr als unüberschaubar geworden. Die einschlägigen Gesetze und auch die Verordnungen sind für alle Beteiligte bindend. Im Laufe des Jahres ist hoffentlich mit einer Entspannung zu rechnen. Es könnten die Corona-Verordnungen zurückgefahren werden. Können dann Arbeitgeber Corona-Schutzmaßnahmen, so z.B. eine Testpflicht, per Direktionsrecht anordnen?
Einen solchen Fall hatte das Arbeitsgericht Hamburg in seinem Urteil vom 24.11.2021, 27 Ca 208/21 zu entscheiden. Der Arbeitgeber betrieb ein Personenbeförderungsunternehmen. Der betroffene Mitarbeiter war als Fahrer angestellt. Aufgrund der Pandemiesituation musste der Arbeitgeber den Betrieb teilweise einstellen. Ab dem 07.04.2021 übernahm der Arbeitgeber Fahrten im öffentlichen Nahverkehr und warb damit, dass für alle Mitarbeiter*innen regelmäßige Coronatests durchgeführt wurden. Es handelte sich um Schnelltests, die lediglich einen Abstrich im vorderen Nasenbereich erforderten. Der betroffene Mitarbeiter verweigerte den Test. Daraufhin wurde der Mitarbeiter gekündigt. Ob vor der Kündigung eine Abmahnung erfolgt war, konnte der Arbeitgeber in dem Prozess nicht nachweisen.
Im Ergebnis stellte das Arbeitsgericht fest, dass durch die Weigerung des Arbeitsnehmers, die Tests durchzuführen, dieser seine arbeitsrechtlichen Pflichten verletzt habe. Diese Pflichtverletzung sei grundsätzlich geeignet, eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Das Arbeitsgericht hielt den Arbeitgeber für berechtigt, die Testpflicht per Direktionsrecht anzuordnen, auch wenn keine gesetzliche Testpflicht zu diesem Zeitpunkt bestand. Der Arbeitgeber habe das notwendige billige Ermessen bei seiner Entscheidung gewahrt. Für den Arbeitgeber stand der Schutz seiner anderen Mitarbeiter und der Fahrgäste im Vordergrund. Der körperliche Eingriff in das Persönlichkeitsrecht habe dagegen zurückzustehen. Dabei berücksichtigte das Gericht insbesondere, dass es sich lediglich um Selbsttest im vorderen Nasenbereich gehandelt hat, sodass von einer geringen Intensität des Eingriffs in die körperliche Integrität auszugehen sei. Allerdings hielt das Gericht eine der Kündigung vorhergehende Abmahnung für erforderlich. Da der Arbeitgeber diese nicht nachweisen konnte, hielt das Arbeitsgericht Hamburg die Kündigung dann im Ergebnis doch für unwirksam.
Die Entscheidung kann eine Orientierungshilfe für die Zeit sein, wenn eine gesetzliche Testpflicht nicht mehr bestehen sollte.