Die Betreuung von Angehörigen zuhause stellt für die Familienmitglieder, die die Betreuung und Pflege durchführen, oft eine große Herausforderung dar. In vielen Fällen kann eine derartige Betreuung im eigenen Heim nur dadurch sichergestellt werden, dass Pflege- und Betreuungskräfte beschäftigt werden, die rund um die Uhr anwesend sind. Nur dadurch ist es den betreuenden Angehörigen vielfach erst möglich, einer eigenen Berufstätigkeit nachzugehen. Arbeitsrechtlich sind diese Beschäftigungsverhältnisse oft kritisch, da auch in solchen Beschäftigungsverhältnissen die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes und des Mindestlohngesetzes einzuhalten sind. In einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg hatte sich dieses mit einem solchen Beschäftigungsverhältnis zu befassen.
Geklagt hatte eine bulgarische Staatsangehörige, die auf Vermittlung einer deutschen Agentur, die eine 24-Stunden-Pflege zuhause anbot, von einem in Bulgarien ansässigen Arbeitgeber nach Deutschland entsandt wurde. Dort betreute sie eine 96-jährige Dame in deren Haushalt. In dem mit der Klägerin geschlossenen Arbeitsvertrag war eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden vereinbart. Nach dem Betreuungsvertrag war für die pflegebedürftige Dame eine umfassende Betreuung mit Körperpflege, Hilfe beim Essen, Führung des Haushaltes und Gesellschaftleisten ein Betreuungsentgelt für 30 Stunden wöchentlich vereinbart. Dabei war die Klägerin verpflichtet, in der Wohnung der zu betreuenden Dame zu wohnen und dort auch zu übernachten.
In dem Prozessverfahren trug Klägerin vor, dass sie von ca. 6:00 Uhr morgens bis maximal 23:00 Uhr abends im Einsatz gewesen sei und auch in der Nacht ihr Einsatz gefordert wurde, wenn dieser notwendig war. Sie war der Auffassung, dass sie für diese gesamte Zeit einen Anspruch auf Mindestlohn habe. Aus diesem Grunde forderte sie eine tägliche Vergütung von 24 Stunden rückwirkend für mehrere Monate.
Mit dem Urteil vom 17.08.2020, 21 Sa 1900/19, gab das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg der Klage weitgehend statt. Das Gericht war der Auffassung, dass der Klägerin der geforderte Mindestlohn ausgehend von einer täglichen Arbeitszeit von 21 Stunden zustehe. Die mit der bulgarischen Klägerin geschlossene arbeitsvertragliche Vereinbarung hielt das Gericht für treuwidrig, da eine umfassende Betreuung zugesagt worden war und die Verantwortung sowohl für die Betreuung also für die Einhaltung der Arbeitszeit der Klägerin übertragen war.
Insoweit vertrat das Gericht die Auffassung, dass die Einhaltung von Arbeitszeiten vom Arbeitgeber zu organisieren sei. Aufgrund des zugesagten Leistungsspektrums sei die wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden unrealistisch. Für die Nachtstunden ging das Gericht von einem vergütungspflichtigen Bereitschaftsdienst aus. Zusammen mit der daneben geleisteten Arbeitszeit gilt das Gericht eine vergütungspflichtige Arbeitszeit von täglich 21 Stunden für angemessen.
Dabei ist darauf hinzuweisen, dass dieses Urteil nur die Frage der Vergütung betrifft. Ein weiteres Problem ergibt sich aus dem Arbeitszeitgesetz. Dessen Vorgaben dürften im vorliegenden Fall auch nicht eingehalten worden sein.