Ab März 2022 greift die sog. einrichtungsbezogene Impfpflicht nach § 20a IfSG. Das Regelwerk geht mit einer Vielzahl arbeitsrechtlicher Problemstellungen einher. Die Gesetzesbegründung sowie die FAQ-Stellungnahme des BMG geben hierauf teilweise Antworten, teilweise bleiben Vollzugsfragen ungeklärt. Aus unserer eigenen Seminarreihe zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht haben wir eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Fragen, die bislang vom Gesetzgeber und dem BMG nicht adressiert worden sind, zusammengefasst und einen arbeitsrechtlichen Frage-Antwort-Bogen erstellt. Die wichtigsten Fragen und dazugehörigen Antworten sind nachstehend innerhalb vier Themenkomplexe aufgeführt.
Vorab: Die nachstehenden Erläuterungen erfolgen ausdrücklich unter dem Vorbehalt einer künftigen, anderslautenden Rechtsprechung der Arbeitsgerichte. Da zu den meisten Rechtsfragen, die im Zusammenhang mit § 20a IfSG derzeit auftreten, erst im Verlaufe des Jahres mit gerichtlichen Entscheidungen gerechnet werden kann, können sich mit Blick auf die rechtliche Einschätzung künftig noch Änderungen ergeben. Die nachstehenden Hinweise ersetzen nicht die anwaltliche Beratung im Einzelfall.
Stand 21.02.2022
Themenblock 1: Nachweise und Nachweiskontrolle
Muss der Arbeitgeber bei zeitlichem Ablauf eines Genesenennachweises erneut einen Nachweis einholen?
Entsprechend der Stellungnahme des BMG greift das Regelwerk des § 20a IfSG nicht für Besucherinnen und Besucher der Einrichtung. § 20a Abs. 6 IfSG regelt die Nichtanwendbarkeit lediglich für die in den Einrichtungen oder von den Unternehmen behandelten, betreuten, gepflegten oder untergebrachten Personen. Hinsichtlich der Besucherinnen und Besucher hat es der Gesetzgeber versäumt, die Nichtanwendbarkeit ausdrücklich zu regeln. Sie folgt allerdings auch daraus, dass § 20a IfSG nur für Personen gilt, die „tätig“ oder „beschäftigt“ werden.
Muss auch von Dienstleistern, die selbständig sind und in einer Einrichtung tätig werden, ein Nachweis vorgelegt werden?
Auch selbständige Dienstleister, freie Mitarbeiter und Beschäftigte von externen Dienstleistern müssen vor Aufnahme der Tätigkeit in der Einrichtung einen Nachweis vorlegen. Wird ein solcher nicht vorgelegt, greift das gesetzliche Tätigkeitsverbot gem. § 20a Abs. 3 S. 5 IfSG.
Gilt die Nachweispflicht auch für Beschäftigte im Homeoffice und für krankheitsbedingt arbeitsunfähig Beschäftigte?
Die Nachweispflicht gilt dem Wortlaut des § 20a IfSG zufolge für diejenigen Personen, die in der Einrichtung „tätig werden sollen“. Eine Differenzierung zwischen der Arbeit „vor Ort“ und derjenigen im Homeoffice sieht die Norm nicht vor. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Arbeit im Homeoffice nicht von der Nachweispflicht entbindet. Gleiches gilt bei Beschäftigten, die krankheitsbedingt arbeitsunfähig sind. In praktischer Hinsicht hätte jedenfalls eine Meldung des Arbeitgebers an das Gesundheitsamt bei unterbleibender Nachweisvorlage mit hoher Wahrscheinlichkeit bei diesem Personenkreis kein Tätigkeitsverbot zur Folge, da das Gesundheitsamt Beschäftigten, die die Einrichtung nicht vor Ort betreten, ein solches regelmäßig nicht erteilen wird.
An welcher Stelle bestimmt das Gesetz, was als Impfnachweis und Genesenennachweis gilt?
Der Gesetzgeber vollzieht hier eine (umständliche) Verweiskette. § 20a Abs. 2 Nr. 1 und 2 IfSG verweisen auf § 2 Nr. 3 und 5 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in der jeweils geltenden Fassung. Dort wiederum wird für den Impfnachweis auf die Webseite www.pei.de/impfstoffe/covid-19 verwiesen. Erst hier erfolgt letztlich die Definition des gültigen Impfnachweises. Für den Genesenennachweis verweist die Verordnung auf die Webseite www.rki.de/covid-19-genesenennachweis. Da sich die dortigen Angaben (jeweils) jederzeit ändern können, ist der Rechtsanwender gehalten, bei Bedarf die Webseiten regelmäßig zu den aktuellen Angaben einzusehen.
Muss der Arbeitgeber bei zeitlichem Ablauf eines Genesenennachweises erneut einen Nachweis einholen?
Verliert der Genesenennachweis durch Zeitablauf seine Gültigkeit, muss der Arbeitnehmer einen neuen, gültigen Immunisierungsnachweis oder ein ärztliches Zeugnis über eine bestehende Kontraindikation vorlegen. Nach § 20a Abs. 4 S. 1 IfSG muss ein neuer Nachweis innerhalb von einem Monat nach Ablauf des bisherigen Nachweises vorgelegt werden. Wird kein neuer Nachweis fristgerecht vorgelegt, ist das Gesundheitsamt zu benachrichtigen.
Wir empfehlen, bei erstmaliger Vorlage eines Genesenennachweises die Gültigkeitsdauer zu vermerken und den Arbeitnehmer vor Ablauf des Nachweises bereits hierauf aufmerksam zu machen und darauf hinzuweisen, dass nach Ablauf ein neuer Immunisierungsnachweis oder ein ärztliches Zeugnis über eine Kontraindikation vorzulegen ist.
Können auch Impfnachweise durch Zeitablauf ihre Gültigkeit verlieren?
Auch wenn derzeit keine zeitliche Befristung von Impfnachweisen in § 20a IfSG und § 2 Nr. 3 SchAusnahmVO vorgesehen ist, besteht die Möglichkeit, dass das Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Webseite eine solche vornimmt. Aufgrund der o.g. Verweiskette bestünde dann im Rahmen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht eine zeitliche Befristung der Impfnachweise. Der Arbeitgeber wäre dann – entsprechend der Rechtslage bei Genesenennachweisen – gehalten, bei Zeitablauf die Vorlage eines neuen gültigen Nachweises einzufordern.
Welche rechtlichen Anforderungen werden an den Inhalt eines ärztlichen Zeugnisses über eine medizinische Kontraindikation gestellt?
20a Abs. 2 Nr. 3 IfSG setzt dem Wortlaut nach (lediglich) voraus, dass ein ärztliches Zeugnis darüber vorgelegt wird, dass der Beschäftigte auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden kann. Ob hierüber hinaus noch weitere Angaben erforderlich sind, hat der Gesetzgeber unbeantwortet gelassen.
Die Arbeitsgerichte haben in der Vergangenheit bei ärztlichen Attesten über eine Befreiung von der Maskenpflicht konkrete Vorgaben gesetzt: Atteste, in denen lediglich festgestellt wird, dass der Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht befreit sei, können nicht Grundlage einer Befreiungsentscheidung sein. Vielmehr muss derjenige, dem das Attest vorgelegt wird, aufgrund konkreter nachvollziehbarer Angaben in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen prüfen zu können. Es muss aus dem Attest hervorgehen, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund eines Mund-Nasen-Schutzes zu erwarten sind und woraus diese im Einzelnen resultieren. Zudem muss erkennbar sein, auf welcher Grundlage der attestierende Arzt zu seiner Einschätzung gekommen ist (ArbG Cottbus Urteil v. Urteil vom 17.06.2021 – 11 Ca 10390/20, BeckRS 2021, 20355).
Vor diesem Hintergrund ist denkbar, dass die Arbeitsgerichte auch bei ärztlichen Zeugnissen über eine Kontraindikation weitergehende Angaben dahingehend verlangen, aus welchen konkret zu benennenden Umständen eine Kontraindikation resultiert.
Themenkomplex 2: Tätigkeits- und Beschäftigungsverbot
Sind die Begriffe Tätigkeitsverbot und Beschäftigungsverbot gleichbedeutend?
Tätigkeits- und Beschäftigungsverbot sind nicht gleichbedeutend. Bei dem Tätigkeitsverbot handelt es sich um ein Verbot, welches das Gesundheitsamt dem Arbeitnehmer bei Nichtvorlage eines Nachweises erteilen kann. Das Tätigkeitsverbot setzt dementsprechend einen Verwaltungsakt voraus und richtet sich nicht an den Arbeitgeber. Ein Tätigkeitsverbot kommt nur bei denjenigen Arbeitnehmern, die zum Stichtag des 15.03.2022 bereits beschäftigt gewesen sind, in Betracht. Das Beschäftigungsverbot hingegen greift kraft Gesetzes für Arbeitnehmer, die ab dem 16.03.2022 erstmalig beschäftigt werden sollen, wenn kein Nachweis vorgelegt wird. Das Beschäftigungsverbot richtet sich an den Arbeitgeber. Es bedarf keines Einschreitens des Gesundheitsamtes, vielmehr greift das Beschäftigungsverbot kraft Gesetzes, also automatisch.
Wie erfährt der Arbeitgeber von einem Tätigkeitsverbot?
Da das Tätigkeitsverbot an den Arbeitnehmer gerichtet ist, dürfte der Bescheid über das Tätigkeitsverbot regelmäßig dem Arbeitnehmer an seinem Wohnsitz zugestellt werden. Ob Arbeitgeber in das Verwaltungsverfahren miteinbezogen werden, ist in § 20a IfSG nicht geregelt worden. Erste Stellungnahmen aus der Praxis erlauben jedoch den Rückschluss, dass die Gesundheitsämter den Arbeitgeber von Beginn an in das Verwaltungsverfahren miteinbeziehen werden und den Arbeitgeber über ein erteiltes Tätigkeitsverbot in Kenntnis setzen.
Handelt es sich um einen „neu tätigen“ Arbeitnehmer, wenn dieser befristet beschäftigt war und nach dem 16.03.2022 in eine unbefristete Beschäftigung übergeht?
Auch hierüber geben § 20a IfSG und die Stellungnahme des BMG keinerlei Aufschluss. Die Norm unterscheidet allerdings nicht danach, ob der Beschäftigte befristet oder unbefristet, sachgrundbefristet oder sachgrundlos befristet beschäftigt war bzw. ist. In diesen Fällen bestand bereits zum Stichtag des 15.03.2022 ein Arbeitsverhältnis. Hieran ändert die später eintretende Entfristung nichts, vielmehr wird das bereits bestehende Arbeitsverhältnis lediglich unbefristet fortgeführt. Dies spricht dafür, in diesen Fällen von einem „Bestandsbeschäftigten“ auszugehen, für den kein gesetzliches Beschäftigungsverbot bei fehlendem Nachweis besteht.
Themenkomplex 3: Arbeitsrechtliche Reaktionsmöglichkeiten bei Störungen im Arbeitsverhältnis und Haftungs- bzw. Entgeltfragen
Können Arbeitnehmer bereits vor Ablauf des 15.03.2022 wegen fehlender Nachweiserbringung abgemahnt oder gekündigt werden?
Auch wenn der Arbeitgeber bereits in der Zeit vor dem 15.03.2022 Nachweise einfordert, hat der Arbeitnehmer bis zum Ablauf des 15.03.2022 die Möglichkeit, einen Nachweis vorzulegen. Erst nach Ablauf des 15.03.2022 folgt aus der Nichtvorlage ein arbeitsvertraglicher Pflichtverstoß. Vor Ablauf des 15.03.2022 können folglich weder Abmahnung noch Kündigung wirksam auf der Grundlage eines Nachweisverstoßes ausgesprochen werden.
Hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er während eines Tätigkeitsverbots arbeitsunfähig erkrankt?
In diesem Fall dürfte ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG nicht bestehen. Grund hierfür ist, dass Entgeltfortzahlung nur geleistet werden muss, wenn die Erkrankung für die Arbeitsunfähigkeit monokausal ist, d.h. sie den einzigen Grund für die Arbeitsverhinderung darstellt. Besteht jedoch gleichzeitig ein Tätigkeits- oder Beschäftigungsverbot, könnte der Arbeitnehmer auch ohne Erkrankung keine Arbeit leisten. Das steht der Entgeltfortzahlung entgegen (vgl. hierzu BAG Urteil v. 28.01.2004 – 5 AZR 58/03, NJOZ 2005, 2340).
Können Arbeitnehmer für Zeiten eines Tätigkeitsverbots von der Arbeit unter Anrechnung der Urlaubsansprüche freigestellt werden?
Diesbezüglich wird die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte noch abzuwarten sein. Hiergegen spricht, dass eine Freistellung grundsätzlich das Bestehen einer Arbeitspflicht voraussetzt. Da der Arbeitnehmer während eines Tätigkeitsverbots seine Arbeitsleistung jedoch nicht anbieten kann, sprechen gewichtige Gründe gegen die Annahme eines Rechts auf einseitige Freistellung. Auch eine Anrechnung von Urlaubsansprüchen dürfte folglich unzulässig sein.
Darf der Arbeitgeber für Zeiten eines Tätigkeitsverbots den Abbau von Überstunden anordnen?
Gegen eine solche Möglichkeit spricht, dass der Arbeitnehmer während eines Tätigkeitsverbots nie seine Arbeitsleistung erbringen kann, sodass er nicht durch die Anordnung von Überstunden von einer Arbeitspflicht befreit werden würde. Der Fall dürfte vergleichbar sein mit einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, für deren Zeiten auch kein Überstundenabbau zulässig ist.
Besteht ein Anspruch auf Erwerbsausfallentschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer Infektion in Isolierung muss und zeitgleich einem Tätigkeits- oder Beschäftigungsverbot unterliegt?
Die Verdienstausfallentschädigung setzt voraus, dass der Verdienstausfall „durch“ die Isolierung, Quarantäne o.ä. entsteht. Dies dürfte jedoch zweifelhaft sein, wenn der Arbeitnehmer den Verdienstausfall bereits aufgrund eines Tätigkeits- oder Beschäftigungsverbots erleidet. Hier dürfte der Anspruch auf die Erwerbsausfallentschädigung folglich nicht bestehen. In der Konsequenz bestünde auch keine Vorleistungspflicht des Arbeitgebers.
Muss der Arbeitgeber aufgrund seiner Verpflichtungen gegenüber Dritten (insbesondere Betreuten und Gepflegten) Arbeitnehmer, die keinen Nachweis erbrachten haben, aber (noch) keinem Tätigkeitsverbot unterliegen, versetzen oder freistellen?
Das Regelwerk zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht macht diesbezüglich keine Angaben. Der Arbeitgeber erfüllt zunächst seine Pflichten aus § 20a IfSG, wenn er bei unterbleibender Nachweisvorlage eine Meldung an das Gesundheitsamt tätigt. Ein Recht zur einseitigen Freistellung dürfte regelmäßig nicht gegeben sein, da der Arbeitnehmer solange, bis ein Tätigkeitsverbot erteilt wird, seine Arbeitsleistung weiterhin anbieten kann und der Arbeitgeber zum Einsatz des Arbeitnehmers berechtigt bleibt. Auch ist der unterbliebene Nachweis kein pauschaler Grund für eine Versetzung, zumal eine Versetzung innerhalb der Einrichtung die Anwendbarkeit des § 20a IfSG nicht entfallen lassen würde.
Themenkomplex 4: Sonstige Fragestellungen
Macht der Arbeitgeber sich gegenüber Betreuten, Gepflegten o.ä. schadensersatzpflichtig, wenn er Bestandsarbeitnehmer, die keinen Nachweis vorlegen, beschäftigt?
Bei den Bestandsarbeitnehmern (Stichtag 15.03.2022) ist der Arbeitgeber verpflichtet, sich einen Nachweis vorlegen zu lassen und bei Nichtvorlage bzw. Zweifeln an der Echtheit und/oder inhaltlichen Richtigkeit das Gesundheitsamt zu benachrichtigen. Hierüber hinaus treffen den Arbeitgeber keine weitergehenden (Schutz-)Pflichten nach § 20a IfSG. Insbesondere bleibt der Arbeitnehmer, solange kein Tätigkeitsverbot erteilt wird, weiterhin einsatzfähig. Da Arbeitnehmer ohne Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises derzeit zudem nach § 28b Abs. 1 IfSG getestet sein müssen, kommen Schadensersatzansprüche Dritter wegen einer Beschäftigung von Arbeitnehmern ohne Immunisierungsnachweis grundsätzlich nicht in Betracht.
Was gilt bei einrichtungsübergreifenden Unternehmensveranstaltungen (Betriebsausflüge o.ä.), bei denen sowohl Beschäftigte aus Einrichtungen mit Impfpflicht als auch solche aus Einrichtungen ohne Impfpflicht zusammenkommen?
Diese Fragestellung zielt letztlich darauf ab, ob bei partiell bestehender einrichtungsbezogener Impfpflicht diese auf Beschäftigte des Arbeitgebers, für die § 20a IfSG grundsätzlich nicht gilt, bei Betriebsausflügen o.ä. „ausstrahlt“. Hiervon dürfte nicht auszugehen sein, da § 20a IfSG einrichtungs- und nicht tätigkeits- bzw. arbeitnehmerbezogen ausgestaltet ist. Auch nach Sinn und Zweck dürfte ein Ausstrahlen des Regelwerks im Rahmen von Betriebsausflügen o.ä. zu verneinen sein, da die Norm vordergründig vulnerable Personengruppen, nicht hingegen die Beschäftigten selbst schützen soll.
Erwirbt der Arbeitnehmer für Zeiten eines Tätigkeitsverbots seinen Anspruch auf den gesetzlichen Erholungsurlaub?
Die Stellungnahme des BMG enthält hierzu keine Angaben. Nach der Rechtsprechung des BAG sind Zeiten, in denen zwar ein Arbeitsverhältnis, jedoch keine Arbeitspflicht besteht, bei der Berechnung des jährlichen Urlaubsanspruchs mit „null Arbeitstagen“ anzusetzen (vgl. BAG Urteil v. 24.09.2019 – 9 AZR 481/18, NZA 2020, 300). Wird ein Tätigkeitsverbot erteilt, ist zunächst fraglich, ob hierdurch die Pflicht zur Arbeitsleistung entfällt, oder der Arbeitnehmer aufgrund des Verbots vielmehr schlichtweg nicht dazu in der Lage ist, die noch bestehende Arbeitspflicht zu erfüllen. Andererseits hat das BAG jüngst entschieden, dass Zeiten von Kurzarbeit „Null“ bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs nicht Zeiten mit bestehender Arbeitspflicht gleichzusetzen sind, mithin für diese Zeiten kein Anspruch auf Erholungsurlaub erworben wird (BAG Urteil v. 30.11.2021 – 9 AZR 234/21). Dementsprechend sprechen gute Gründe für die Annahme, dass die Rechtsprechung auch für Zeiten eines Tätigkeitsverbots keinen Anspruch auf Erwerb des Erholungsurlaubs anerkennen wird.