Nach den Coronaschutzverordnungen der einzelnen Bundesländer sind die Träger von Einrichtungen im Regelfall verpflichtet, einrichtungsbezogene Besuchskonzepte zu erstellen, die regeln, welche Sicherheitsmaßnahmen bei dem Besuch von Bewohnern oder Patienten von Einrichtungen einzuhalten sind. Oft fehlen gesetzliche Vorgaben, ob und wie die Zugangskontrolle und -dokumentation umzusetzen ist. Es stellt sich dann die Frage, ob die Aufstellung dieser Besuchskonzepte der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt. Diese Frage hat nun das Landesarbeitsgericht Köln in einer Entscheidung vom 22.01.2021, 9 Ta BV 58/20 beantwortet.
Betroffen war ein Krankenhaus mit ca. 850 Arbeitnehmern. Im Zuge der Corona-Pandemie hatte es ohne Beteiligung des bei ihm gebildeten Betriebsrats ein System zur Dokumentation des Zutritts und Aufenthalts betriebsfremder Personen auf dem Klinikgelände eingeführt. Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, dass dieser Vorgang mitbestimmungspflichtig sei. Er leitete vor dem Arbeitsgericht Siegburg ein Beschlussverfahren zur Bildung einer Einigungsstelle ein. Das Arbeitsgericht gab dem Beschlussantrag statt. Das Krankenhaus sah dies anders und legte Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Köln ein.
Es vertrat insbesondere die Auffassung, dass es gesetzlich verpflichtet sei, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen würden. Da es sich insoweit um eine gesetzliche Vorgabe handele, könne kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bestehen. Insoweit sei die Einigungsstelle zur Regelung des Besuchskonzeptes offensichtlich unzuständig.
Dies sah das Landesarbeitsgericht Köln in seinem Beschluss anders und wies deshalb die Beschwerde des Krankenhauses zurück. Es wies darauf hin, dass in Nordrhein-Westfalen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 CoronaSchVO das Krankenhaus die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen habe, um den Eintrag von Coronaviren zu erschweren und Patienten, Bewohner sowie - ausdrücklich - auch das Personal zu schützen. Besuche seien daher gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 CoronaSchVO (nur) auf der Basis eines einrichtungsbezogenen Besuchskonzepts zulässig, das die Empfehlungen und Richtlinien des Robert-Koch-Instituts zum Hygiene- und Infektionsschutz umsetzt. Diese Regelung sei allerdings nicht abschließend, sondern bedürfe der betrieblichen Ausgestaltung. Insofern bestehe, anders als bei einer auf das Krankenhaus bezogenen konkreten ordnungsbehördlichen Regelung, ein Gestaltungsspielraum des Krankenhauses, etwa dergestalt, wie die Besuchszeiten und die Abstandsregelungen zu gestalten seien. Aufgrund der Tatsache, dass ein solcher Gestaltungsspielraum bestehe, bestehe hinsichtlich der Ausformung dieses Gestaltungsspielraums ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG.
Bei den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts handele es sich eben nicht um eine abschließende Aufzählung, sondern um die Benennung von Mindeststandards, die Arbeitgeber und Betriebsrat im Interesse eines stärkeren Gesundheitsschutzes übertreffen dürfen. Dementsprechend enthalten die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts die ausdrückliche Vorgabe, dass die konkrete Umsetzung unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten erfolgen soll.